Von unten betrachtet sieht der Berg wieder unnahbar aus, man
schaut an ihm hoch und denkt dabei an seinen Physiotherapeuten. In der Realität
angekommen, werden wir von Lobpreisungen auf unser Land und leichten
Verbrennungen bis Stufe zwei begrüsst, das Postauto kurvt unbarmherzig in alle
Richtungen und alte Leute reden das, was man von ihnen erwartet. Der Frieden
ist teuer, er kostet viel, oftmals soviel, dass man lieber auswandern würde,
aber dort ist dann eben nicht immer Frieden und das viele Olivenöl an allem
verdirbt einem den Magen. Die freien Plätze in unserem Land würden den Alten
immer seltener angeboten, obwohl sie ihr Leben lang geackert haben und was
nicht alles, die Jugend sei verzogen und irgendwie halb bewusstlos, sie
reagiere nicht auf das Zwicken und Sticheln, das sich früher bewährt habe.
Zuhause riecht es nach Abwesenheit, wir halten Ausschau nach Röschti und
Schweinsschnitzel, wir sehen im Augenwinkel ein Glas Cola, aber dort ist
Nichts. Wir blicken den Menschen in der Stadt aufmerksam in ihre Gesichter,
wollen sie uns etwas sagen? Sind ihre Gesichter voller potentieller Information
und jedes Blickes wert? Alles regt und zuckt und windet sich auf unserer
empfindlichen Netzhaut. Bald wird uns das zuviel und wir beginnen wieder mehr
in uns hinein zu blicken, dort weiss man wenigstens, bei wem man sich beschweren
kann, wenn einem die Aussicht nicht gefällt. Die Dichte der Stadt presst uns
zurück in unsere ursprüngliche Form – wir müssen uns wieder gut leiden können
mit den Zusätzen, die uns zieren. Ich lebe vegan und ich lebe moralisch
vertretbar. Ich trinke nicht oder ich trinke immer viel zu viel. Der russische
Botschaftsschutz kreuzt hinter mir auf und ab, weil ich eine Meinung habe. Ich
bin dran am Geschehen. Aktivist weil ich es mir wert bin. Die einfachsten
Gleichnisse legen sich quer in meine Kehle, weil ich bin mit der Ausschmückung
meines Menschendaseins beschäftigt. Ich ersticke hier in meinem
Koketteriekorsett, man helfe mir. Das Auge ist von der geringen Distanz der
Häuserzeilen beleidigt und will schon wieder zu tränen beginnen. Doch ich
drücke die Faust fest drauf, wir passen doch so gut zusammen, verpasse mir
einen Schlag auf den wunden Punkt, die Alpen sehen schon wieder aus wie eine
Theaterkulisse, hier ist die Bühne, frisch beschneite Berge und sehr gescheite
Menschen vorne dran.
Sarah Elan Müller
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